Bäumige Kunst, die verzaubert
Ein Astronaut, ein Pirat und ein Lama stehen in Brienz an der Uferpromenade. Es klingt ein wenig wie der Beginn eines Witzes. Tatsächlich handelt sich aber um einige wenige Beispiele der beeindruckenden Holzskulpturen, welche die Besucherinnen und Besucher am elften internationalen Holzbildhauerei Symposium vom 4. bis zum 8. Juli bestaunen konnten.
Nach einer regnerischen Nacht bricht der spätere Morgen an und taucht das malerische Dorf am Brienzersee in ein sanftes, goldenes Licht, als der Reporter der Jungfrau Zeitung am Ufer entlang schlendert. Die Luft ist erfüllt von einem Hauch von Holzduft und der leisen Melodie, von rhythmischen Schlägen der Meissel und dem Klirren vieler verschiedener Werkzeuge.
Schnitzen und Staunen: Holzbildhauerei in Aktion
Die Kulisse ist atemberaubend: Grüne Berge rahmen das idyllische Tal ein, während der türkisfarbene See in der Ferne glitzert und mit seinen gluckernden Wellen den idealen Rahmen bietet, um die majestätischen Holzskulpturen zu präsentieren. Die Künstlerinnen und Künstler formen das lebendige Material – einen stämmigen Holzstamm mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern – mit Leidenschaft und Hingabe, als ob sie die Seele des Holzes freilegen wollten. Was ihnen durchaus zu gelingen scheint. Ihre Hände fliegen über das Holz, während ihre Augen die natürlichen Maserungen und Texturen erkunden, die jedem Stück eine einzigartige Geschichte verleihen.Die Skulpturen nehmen Gestalt an und erzählen Geschichten von Liebe, Natur, Mythologie und Menschlichkeit. Von aufgeweckten Hasen, die scheinbar neugierig ihre Umwelt erkunden wollen, bis hin zu einem vor Freude überschäumenden Mädchen, das dem Leben zu frönen scheint, entfaltet sich eine Welt der Fantasie und Kreativität. Allem Anschein nach erwachen die Kunstwerke mit jedem Schlag der Meissel ein wenig mehr zum Leben und versprühen eine unvergleichliche Magie.
Wie können aus Holzstämmen solch lebendig wirkende Figuren erschaffen werden? «Das habe ich mich lange Zeit auch gefragt», scherzt Anna von Bergen aus Brienz. Es ist das erste Mal, dass die Einheimische am Holzbildhauersymposium dabei ist. «Ich war vor Beginn etwas nervös. Schliesslich bin ich erst im zweiten Lehrjahr», so die Künstlerin, die zu den drei Lernenden der Schule für Holzbildhauerei Brienz gehört, die an der elften Ausgabe teilnehmen durften.
Gemeinsam mit ihrem Teamkollegen Robin arbeitet Anna an einem Astronauten. «Wir sassen am Brienzersee und hörten den Elton-John-Song 'Rocket Man', so kam uns die Idee, einen Raumfahrer zu gestalten.» Als Höhepunkt des internationalen Holzbildhauersymposiums, mit Teilnehmenden aus Argentinien, Costa Rica, der Demokratischen Republik Kongo, Deutschland, Frankreich, Iran, Italien und der Schweiz, gilt die Vernissage jeweils am Samstagabend.Doch bereits vor diesem festlichen Abschluss der Veranstaltung sind einige der einzigartigen Werke bereits als «verkauft» markiert. Immer mehr Menschen finden im Laufe des Vormittags ihren Weg nach Brienz, plaudern mit den Künstlerinnen und Künstlern, machen Fotos und geniessen die einzigartige Gelegenheit, die harmonische Verbindung zwischen den Kunstschaffenden und dem lebendigen Material zu erleben, und lassen von der Magie der Holzskulpturen verzaubern.