Fasnet: Besuch beim Maskenschnitzer Johannes Köpfer

Fasnet: Besuch beim Maskenschnitzer Johannes Köpfer
Fasnet: Besuch beim Maskenschnitzer Johannes Köpfer
Veröffentlichungsdatum:
04 Februar 2019
Johannes Köpfer aus Bernau ist Holzbildhauer. Für viele Zünfte und Gruppen im Südschwarzwald schnitzt er die Fasnetmasken. Und in jeder Maske steckt etwas vom Geist der alemannischen Fasnet. Johannes Köpfer (60) hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt. Schon der Vater und der Großvater waren Holzbildhauer, Holzschnitzer oder Schnefler, wie man im Hochtal von Bernau sagt. Die Schnefler produzierten einst an den langen Wintertagen mit einfachsten Schnitzmessern in großen Mengen hölzerne Löffel, Schindeln, Schlüsseln und Schachteln. In Bernau gab es 1850 mehr als 200 Schnefler, nahezu in jedem Haushalt wurde nebenbei geschnitzt. Dieses bäuerliche Heimgewerbe ist mit dem professionellen Handwerk und dem künstlerischen Niveau des Holzbildhauers Johannes Köpfer nicht mehr zu vergleichen. Aber man muss diese Vergangenheit kennen, um zu verstehen, wieso ausgerechnet hier, im weltabgeschiedenen Hochtal von Bernau, unter dem weit herabgezogenen Walmdach eines ehemaligen Bauernhauses, eine Künstlerwerkstatt von dieser Qualität verborgen liegt. In der Werkstatt stehen Skulpturen, Figuren, Tafeln, Holzkreuze und Bildnisse in den unterschiedlichsten Bearbeitungszuständen. Es riecht nach Holz und Harz und auf der Werkbank liegen gefühlte 150 verschiedene Stecheisen in Reih und Glied. Fasnetmasken gehören zum Pflichtrepertoire jedes heimischen Holzbildhauers. Ob Hexenfratzen, Teufelsgrimassen, schelmige Waldkäuze, Schluchtgeister oder bäuerliche Schlitzohren - alle diese Maskenmotive transportieren ein Stück heimische Überlieferung. In ihnen stecken Volksglaube, Heimatsagen, Dorftratsch und heidnische Wurzeln des Schwarzwaldes. Überhöht: In der alemannischen Fasnet stecken die Mythen der Schwarzwälder Seele.

Hexen haben Konjuktur
Für die Bernauer Fasnetfigur Schniidesel hat Johannes Köpfer einst seine erste Maske geschnitzt. Das Motiv gab es bereits, er konnte nach den Vorlagen seines Vaters arbeiten. Heute ist es jedoch häufig auch so, dass Köpfer neue Masken kreieren muss. Dann kommen Zünfte zu ihm, die entweder eine neue Figur ins Leben rufen oder es sind Gruppen, die selbst erst neu entstanden sind. Insbesondere Hexen haben Konjunktur. Bei Johannes Köpfer in der Werkstatt hängen aber auch die Rohlinge von Waldschraten, Tieren, Marktweibern oder Sagengestalten. Seine Kunden sind die Wellendinger Frösche ebenso wie die Enzelbächle Füchs aus Laufenburg Binzgen oder die Marktfrauen aus Schopfheim. Insgesamt versorgt er mehr als ein Dutzend Gruppen und Zünfte mit Masken. Auf rund drei- bis vierhundert schätzt er seine Produktion der letzten dreißig Jahre. Ein wesentliches Motiv der alemannischen Fasnet ist die Austreibung des Winters. Das schaffen nur Hexen und Geister. Im heidnischen Volksglauben des Schwarzwaldes, der sich auch lange nach der christlichen Missionierung gehalten hat und dessen Spuren bis heute in Traditionen wie dem Erntedankfest, dem Schiibeschlage oder dem Sonnwendfeuer nachwirken., bestimmen Erd-, Wald- und Wassergeister die Geschicke der Menschen. Kombiniert mit dem zweiten tragenden Motiv alemannischer Fasnet, nämlich dem Verhöhnen und Vorführen der Obrigkeit, entstehen si die Fasnetmasken. Sie vereinen das Auslachen mit dem Erschrecken. Sie sind gleichermaßen böse wie verschmitzt, rätselhaft wie drollig Immer so, dass man eigentlich nicht weiß, wo man mit dieser Figur dran ist, erklärt Johannes Köpfer, der selbst ein eingefleischter Fasnetgänger ist, in Bernau mit seiner Frau Magret sogar eine eigene Umzugstradition mit Pappmaschee-Masken begründet hat. Was Johannes Köpfer nie in den Sinn käme: Fasnetmasken ohne Bezug zu Heimat oder Geschichte. Science-Fiction-Masken würde ich ablehnen, sagt er. „Das hat nichts mit unserem Brauchtum zu tun.“ Ansonsten aber bekräftigt Johannes Köpfer ganz selbstbewusst: „An meine Grenzen bin ich noch nicht gekommen. Ich traue mir jedes Motiv zu. Und er fügt gleich an, obwohl langsam im Rentenalter: „Ich höre nicht so schnell auf, das mache ich, so lange ich Lust habe.
 

In der Regel kommen Zünfte und Gruppen, die eine ganz neue Maske haben möchten, mit Ideen und Vorschlägen, meist auch mit der zugrunde liegenden örtlichen Sage oder Überlieferung. Dann denkt sich Johannes Köpfer in die Figur hinein, fertigt Skizzen udn Entwüfe, macht Vorschläge. Bevorzugtes Rohmaterial ist Lindenholz oder das Holz der Weymouth-Kiefer, beides Hölzer, die Köpfer bei Förstern aus der Rheinebene einkauft. Der Festmeter Linde kostet mit Transport, Sägekosten und Lagerung 900 € und ergibt bei guter Qualität bis zu 40 Masken. Bei Johannes Köpfer bewegt sich der Preis für die fertig geschnitzte und bemalte Maske je nach Aufwand zwischen 260 und 1.000 €. Er klagt darüber, dass es auch Dumpingschnitzer“ gebe, die teilweise Masken anderer Schnitzer nachmachten und nicht immer die gleiche Qualität lieferten. Wer den Unterschied nicht kennt und nicht schätzt, der muss halt mit einem Brett vor dem Kopf leben, sagt er dazu mit leichtem Nasenrümpfen. 

Sind erst einmal Motiv und Farben ausgewählt, geht es bei Johannes Köpfer an die Feinarbeit. Der Rohling wird aus bereits gut gelagertem und vier bis acht Jahre lang getrocknetem Holz zugesägt. Dann zeichnet Köpfer darauf die Umrisse der geplanten Maske und markiert die wesentlichen Punkte: Augen, Nase, Mund, Mittelachse. Das Werkstück wird in einem Spezialschraubstock eingespannt, in die um 360 Grad drehbare Figurenschraube, und dort grob ausgeschnitzt. So wie die Maske wird auch das verwendete Werkzeug immer filigraner. Es beginnt mit dem großen Hohleisen, geht weiter mit dem Flacheisen und endet beim kleinen Sticheisen, einem Schnitzeisen, das auch noch Augengrübchen und Nasenfalten zuwege bringt.


Jede Maske ist einzigartig

Erst wenn alle Konturen fein herausgearbeitet sind, erfolgt die Höhlung der Maske, so dass der Kopf des künftigen Trägers Platz findet. Auch hier gibt es Feinheiten, denn die Maske soll leicht, funktionelludn gut tragbar sein und nicht etwa nervig auf der Nase aufsitzen. Das Bemalen der fertigen Maske übernimmt bei Johannes Köpfers die Ehefrau Magret. Sie arbeitet mit licht- und wetterfesten Acrylfarben, die mit einem Klarlack auf Wasserbasis überzogen werden. Alles Übrige - Polsterung, Befestigung, Haare oder Kopfbedeckung  - muss dann die Zunft ergänzen. Am Ende sehen alle Masken einer Zunft gleich aus, sind aber dennoch individuell verschieden. Jede hat eine eigenen Nuance, die die andere nicht hat. Das macht es aus, freut sich Johannes Köpfer.


Mehr über den Holzbildhauer Johannes Köpfer und seine Arbeit unter → dorfart.de

 
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